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Wie treffe ich passende Entscheidungen?

Nadja Wersinski • Okt. 12, 2020

Die Qual der Wahl - 5 Entscheidungs-Methoden


Das kennen wir alle: Es gibt Phasen und Situationen in unserem Berufsleben, in denen wir nicht mehr klar sehen. In denen wir die eine wichtige Entscheidung einfach nicht treffen können. Weil wir nicht spüren, was das Passende für uns ist. Weil wir nicht wissen, wie wir die Situation auflösen können.


Ein Coaching kann dabei helfen, neue Perspektiven und Möglichkeiten zu entdecken und Entscheidungen zu treffen. Manchmal können Sie aber auch einfache Methoden aus dem Coaching selbst im Berufsalltag einsetzen. Und wenn nur als Erste Hilfe bei akuten Problemen.  

Leben heißt Entscheidungen treffen

Wir treffen von morgens bis abends ständig Entscheidungen. Jede dieser Entscheidungen kostet Energie. Nicht ohne Grund lautet ein gängiger Tipp, sich vor unnötigen Entscheidungen zu entlasten. So wird zum Beispiel über Steve Jobs und Mark Zuckerberg erzählt, dass sie jeden Tag identische T-Shirts tragen (beziehungsweise trugen), um genau diese Entscheidung „Was ziehe ich an“ nicht treffen zu müssen. Eine spannende Frage: Von welchen Entscheidungen können wir unseren Alltag befreien?

Die gute Nachricht: Sie können lernen, bessere und schnelle Entscheidungen zu treffen. Dafür ist es sinnvoll, zunächst mal über das eigene Verhältnis zu Entscheidungen nachzudenken. Haben Sie Spaß daran, Entscheidungen zu treffen, aus vielen Möglichkeiten wählen zu können? Oder ist es für Sie eine Qual? Gehen Sie ihnen aus dem Weg oder stürmen Sie auf sie zu, treffen vielleicht sogar Entscheidungen anderer Leute?

Richtige Entscheidungen gibt es nicht

Einige Grundgedanken:

  • Oft haben wir das Gefühl, es gibt nur Entweder-oder, schwarz oder weiß. Dabei existiert normalerweise nicht die eine richtige und die eine falsche Entscheidung, kein schwarz oder weiß, sondern ganz viele Nuancen und Grautöne dazwischen.
  • Sich nicht zu entscheiden ist auch eine Entscheidung. Meist hat das die Konsequenz, dass andere über uns entscheiden – weil der Job plötzlich vergeben, das Schnitzel im Restaurant aus ist, Freunde anderweitig verabredet sind.
  • Jede Option kommt irgendeinem Bedürfnis entgegen. Es ist hilfreich, sich diese mal anzusehen. So erfüllt zum Beispiel eine Festanstellung das Bedürfnis nach Sicherheit, die Selbstständigkeit das Bedürfnis nach Freiheit. Das zu wissen bringt Klarheit, worum es eigentlich geht.
  • Entscheidungen sind nicht für die Ewigkeit. Oft nehmen wir uns den Druck, wenn wir uns klar machen – hier und jetzt, in diesem Moment, ist es für mich das Beste. Und dann sehe ich weiter.
  • Kennen Sie „polynesisches Segeln“? Gunther Schmidt hat dieses Prinzip aufs Coaching übertragen. Es bedeutet: auch ohne Landkarte und ohne Ziel einfach mal lossegeln. Sich aus der aktuellen Situation lösen und bewegen. Und dann mal schauen, wohin der Wind einen trägt, auf welcher Insel man landet. Unterwegs wird sich bestimmt etwas ergeben. Das heißt also: manchmal reicht es, sich nicht zu entscheiden, wo man hin will, aber sich zu entscheiden aufzubrechen.

 


5 Methoden, die Entscheidungen erleichtern  

Es gibt unendlich viele Tools, die dabei helfen, unterschiedliche Optionen gegeneinander abzuwägen. Zum Beispiel, indem man alle Fakten sammelt, eine Pro- und Contra-Liste macht, Kriterien definiert und überprüft, welche Variante sie am besten erfüllt. Diese Methoden sind hilfreich, gleichzeitig eher rational. Im Systemischen Coaching geht es darum, das Bauchgefühl, die Intuition zu nutzen, um die passende Entscheidung zu treffen. 5 Methoden, die dabei helfen:


1. Das Innere Bild hervorkitzeln


Bildkarten unterstützen dabei, die eigene Perspektive leicht und schnell auf den Punkt zu bringen. Wählen Sie in Bezug auf Ihre Entscheidung intuitiv das Bild aus, das bei Ihnen ein starkes, gutes Gefühl auslöst. Es spielt keine Rolle, warum das Bild so eine Wirkung auf Sie hat. Welche Assoziationen fallen Ihnen ein? Und was heißt das für Ihre Entscheidung? Oft kommt das Bauchgefühl auf den Tisch und damit neue und relevante Aspekte. Eine Auswahl an Bildern gibt es zum Beispiel beim Online-Tool des Zürcher Ressourcen Modells.


2.  Um die Ecke denken mit Sinnierkarten


Karten mit Weisheiten und Sprüchen sind ein spielerisches Instrument, sich wesentliche berufliche Fragen zu stellen und überraschende, neue Wege und Lösungen zu finden. Eine zufällig gezogene Karte reißt einen aus den üblichen Gedanken und bringt Sie dazu, mal um die Ecke zu denken. Sie ermöglichen die Auseinandersetzung mit dem, was einem  wichtig ist. Ein Beispiel sind die Sinnierkarten von Wolfram Jokisch.


Tetralemma


3.   Mehr Möglichkeiten als gedacht durch das Tetralemma


Oft fühlt man sich in einem Dilemma, wenn eine Entscheidung ansteht. Man hat die Qual der Wahl zwischen zwei Alternativen, „ja“ oder „nein“? Das sogenannte Tetralemma löst diese Beschränkung auf und plötzlich wird sichtbar: großartig, es gibt noch viel mehr Varianten! Es wurde von Insa Sparrer und Matthias Varga von Kibéd für das Systemische Coaching angepasst.

 

Das Tetralemma geht von fünf Positionen aus.


  • „Das Eine“ ist die Standardlösung – das, was Sie normalerweise machen.
  • „Das Andere“ ist die alternative Lösung, oft das Gegenteil.
  • „Beides“ ist das Beste aus den ersten beiden Varianten. Das mag ein Kompromiss sein, ein „erst das eine, dann das andere“, ein „von beidem ein bisschen“, die Auflösung des Gegensatzes.
  • „Keines von Beidem“ bedeutet, dass es eine ganz andere Lösung braucht, eine ganz neue Perspektive. Wenn nicht das Eine und nicht das Andere – für was entsteht dann Raum?
  • Die fünfte Position, „All dies nicht und selbst das nicht“, klingt ziemlich absurd. Sie stellt die Entscheidung per se in Frage, da sie alle Positionen als nicht richtig bewertet und sagt: Es gibt keinen endgültigen Standpunkt, also ist auch die Frage, die Entscheidung überflüssig.


Das Tetralemma ist eine umfangreiche Coachingmethode. Sie können sie natürlich auch selbst mal ausprobieren. Einfach die fünf Karten wie oben abgebildet auf den Bogen legen und sich nacheinander auf die Karten stellen. Wie fühlt sich das an? Welche Gedanken haben Sie? Wie geht es Ihrem Körper auf der Karte, wie fühlen Sie sich? Haben Sie Ideen, was „Keines von Beidem“ in Ihrem Fall bedeutet? Wollen Sie am liebsten für immer auf der Karte stehen bleiben oder möglichst schnell wieder weg? Am Ende werden Sie ein neues Gefühl haben, welche Entscheidung für Sie passt.


Inneres Team


4. Alle inneren Stimmen berücksichtigen mit dem Inneren Team


Das Modell des Inneren Teams nach Friedemann Schulz von Thun drückt etwas Banales aus, das wir alle kennen. Und zwar: Wir alle haben die vielfältigsten Stimmen in uns, eine innere Pluralität. Diese Stimmen sind mal lauter oder leiser, ergänzen sich oder widersprechen sich.


Um eine Entscheidung zu treffen, versuchen wir ganz automatisch, alle Stimmen unseres sogenannten „Inneren Teams“ zu berücksichtigen und zwischen ihnen zu vermitteln. Die einzelnen Schritte werden an einem Beispiel schnell deutlich. Stellen Sie sich vor, Ihre Kollegin, die gerade ziemlich gestresst ist, bittet Sie, sie bei einigen wichtigen Terminen zu vertreten.


  1. Wer spricht da in Ihnen? Wer ist alles da und wie heißen diese Teammitglieder? Gibt es zum Beispiel die Hilfsbereite, die Faule, die Ehrgeizige, die Stolze, die Mutter, die Unsichere – wer taucht alles auf? Vielleicht haben Sie Lust, all diese Personenanteile auf ein Flipchart zu zeichnen? (Bild)
  2. Was sagen die Stimmen, was ist ihre Botschaft? Hören Sie ihnen mal in Ruhe zu. Vielleicht sind es Aussagen wie „Immer bin ich die Dumme.“, „Wow, wichtige Termine, da kann ich mich beweisen.“, „Oh nein, dann komme ich die nächsten Wochen bestimmt nicht immer rechtzeitig aus dem Büro, um die Kinder vom Hort abzuholen.“, „Die Arme, natürlich unterstütze ich sie wo ich kann.“  Die Sprechblasen können Sie auf dem Flipchart ergänzen.
  3. Schauen sie sich Ihre Teammitglieder gut an. Manche kennen Sie wahrscheinlich sehr gut, weil sie ständig auf die Bühne springen. Wer dominiert üblicherweise? Wer sind ihre Stammspieler, wer spricht nur sehr leise, wer ist Ihnen vielleicht peinlich?
  4. Lassen Sie die Teammitglieder in einen Dialog treten. Was ist das Gute an allen Stimmen? In einem gemeinsamen Brainstorming, was tauchen für Lösungsvorschläge auf? Was braucht zum Beispiel die Mutter und die Unsichere, um ihrer Kollegin zu helfen?
  5. Die Visualierung Ihres „Inneren Teams“ hilft Ihnen dabei, alle Aspekte bei einer Entscheidung zu berücksichtigen. Denn der Teamchef sind Sie!

 

5. Sich aus der eigenen Situation lösen mit den richtigen Fragen


Manchmal ist es hilfreich, die eigene Perspektive zu verlassen und eine neue einzunehmen. Denn manche Dinge erkennen wir erst mit ein bisschen Abstand.

 

  • Wie wäre es zum Beispiel, in die Zukunft zu reisen? Stellen Sie sich vor, im Jahr 2050 sitzen Sie in Ihrem Schaukelstuhl auf Ihrer Veranda. Vielleicht schauen Sie in Ihren Garten, hören schöne Musik, haben einen Kaffee neben sich stehen. Sie sind rundum zufrieden mit sich und der Welt. Sie erzählen Ihren Enkelkindern, die neben Ihnen spielen: „Das Jahr 2020 war ein genialer Wendepunkt, da habe ich eine richtig gute Entscheidung getroffen.“ „Welche denn, Oma/Opa?“ Was antworten Sie? Vielleicht reicht aber auch die nahe Zukunft? Stellen Sie sich vor, Sie werden morgen früh wach, und wissen: Sie haben die richtige Entscheidung getroffen. Welche ist es?
  • „Wie soll ich mich entscheiden?“ Wie würden völlig andere Menschen, z.B. Film-Helden, diese Frage beantworten? Was rät Ihnen zum Beispiel Bugs Bunny? Harry Potter? Die alte Dame, die zufällig gerade die Straße langläuft?

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